Die Corona-Pandemie stellt auch für die Hochschulen eine Ausnahmesituation dar. Im Frühjahr 2020 mussten sie ein rein digitales Sommersemester vorbereiten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben dies intensiv beobachtet. „Mittlerweile liegen aus den Studien eine Fülle an Erkenntnissen vor“. Dies schreibt das Hochschulforum Digitalisierung (HFD) in seiner Veröffentlichung „Das digitale Sommersemester 2020: Was sagt die Forschung?“. Die Ergebnisse spiegelten wieder, „wie die Hochschulen auf die vielfältigen Herausforderungen reagiert haben“. Und wo es Defizite gab und gibt.

Ressourcen stehen an Hochschulen nicht langfristig zur Verfügung

„Im Digitalsemester haben viele Hochschulen schnell reagiert und investiert, oft mangelt es aber an nachhaltigen Strategien für digital gestützte Lehre“. So lautet das Resümee des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) in einer Pressemitteilung. Der Bericht des HFD verdeutlicht auch: „Viele der benötigten und kurzfristig angeschafften Ressourcen – unter anderem Stellen in Supporteinrichtungen – stehen nicht langfristig zur Verfügung, sondern werden in 54 Prozent der Fälle in den kommenden ein bis zwei Jahren verschwinden“.

Die Forscher betrachteten verschiedene Bereiche. Zum Beispiel die technische Ausstattung. Demnach waren bereits vor der Corona-Pandemie bei über 90 Prozent aller Hochschulen digitale Lern- und Bildungsplattformen (LMS) im Einsatz. Es handelte sich dabei in der Regel um Open-Source-Plattformen wie Ilias, Moodle und Stud.IP. „Obwohl digitale Lehre schon länger an nahezu allen Hochschulen organisatorisch verankert ist,  geben nur 17 Prozent der Hochschulen an, ausreichend Personal für den technischen Support zu haben“. So heißt es weiter in der Veröffentlichung des Hochschulforums Digitalisierung. Dies ist eine gemeinsame Initiative des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, dem CHE Centrum für Hochschulentwicklung und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK).

Es fehlt an technischer Ausstattung

An den Hochschulen seien viele anfängliche Probleme relativ schnell gelöst worden. Ein Manko: „Rund sechs Prozent der Studierenden konnten Formen der digitalen Lehre aufgrund fehlender Ausstattung nicht nutzen.“ Es bleibe die Sorge, dass fehlende technische Ausstattung zu einer Ungleichheit bezüglich des Zugangs zur und der Teilnahme an der Hochschulbildung führe. In dem Bericht wird auch darauf hingewiesen, dass jeweils rund ein Fünftel der Studierenden ihre Wohnsituation beziehungsweise Internetverbindung als ungeeignet für die digitale Lehre bezeichneten.

Chancengerechtigkeit an den Hochschulen sicherstellen

„Neue technische Lösungen, die sich bewährt haben, müssen verstetigt werden“, lautet eine weitere Forderung des HFD. Zudem müsse Chancengerechtigkeit sichergestellt sein. Im Bereich Didaktik und digitale Kompetenzen sieht das Hochschulforum Digitalisierung ebenfalls noch Luft nach oben. Zudem scheine es einen großen Bedarf bei Lehrenden zu geben, digitale Kompetenzen weiterzuentwickeln. „Aber auch bei Studierenden sollten digitale Kompetenzen nicht per se vorausgesetzt werden. Auch hier müssen Begleitung und Qualifizierung verstärkt in den Blick genommen werden”, fasst Julius-David Friedrich, Projektleiter beim HFD für das Centrum für Hochschulentwicklung, zusammen.

Nur ein Notbetrieb ist keine Dauerlösung

Nicht vergessen werden dürfe auch, dass die ausschließliche Online-Lehre während der Corona-Pandemie nur ein Notbetrieb und keine Dauerlösung sei. „Digitalisierung bedeutet nicht einen Abschied von der Präsenzlehre – beide Formen sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden“, heißt es weiter in der Veröffentlichung. Die Lehre der Zukunft basiere im Regelfall auf „blended Lösungen“ – analog und digital. Außerdem gehe es nun darum, die bestehende und neu entstandene Motivation der Lehrenden für die Weiterentwicklung digitaler Lehre zu nutzen. Brigitta Wenninger