Wie sich mithilfe von Distanzunterricht die Herausforderungen der Corona-Krise meistern – dazu wurden Schulleiterinnen und Schulleiter in ganz Deutschland befragt. Die Antworten flossen in die Studie „Kontinuität und Wandel der Schule in Krisenzeiten“ (KWiK) ein. Erste Ergebnisse zeigen ein positives Bild. Sie machen aber auch klar, dass es Nachholbedarf gibt. Vor allem Kinder aus besonders benachteiligten Familien brauchen beim Distanzunterricht mehr Unterstützung.

An der Studie beteiligt sind die Universität Hamburg, das Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik in Kiel (IPN) und die International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA). Zunächst wurden im Sommer und Frühherbst 2020 rund 800 Schulleiterinnen und Schulleiter von Grund- und Sekundarschulen in sieben Bundesländern befragt. Sie sollten sich zum Unterricht in Zeiten der Corona-Pandemie und zu ihren Erfahrungen und Lösungsansätzen in der Praxis äußern. Ihrer Einschätzung nach hat die Kommunikation während der ersten Schulschließung im Frühjahr 2020 mit den Eltern und den Schülerinnen und Schülern weitgehend reibungslos funktioniert. Knapp 40 Prozent gaben an, dass alle Schülerinnen und Schüler erreicht wurden. Etwa die Hälfte der Befragten sprach von 90 Prozent. Nur 3,6 Prozent der Schulleitungen berichteten, dass weniger als 80 Prozent der Schülerinnen und Schüler erreicht wurden.

Lehrmaterialien für Distanzunterricht oft per Post verschickt

Laut Universität Hamburg konzentrierten sich Grundschulen bei der Bereitstellung von Unterrichtsmaterialien weitgehend auf die Kernfächer. Die Unterlagen hätten sie überwiegend auf analogen Wegen übermittelt, zum Beispiel, indem sie sie abholen ließen oder per Post verschickten. In der Sekundarstufe I dagegen wurde versucht, möglichst viele Fächer zu bedienen. Zudem wurden dort für die Unterrichtsmaterialien häufiger digitale Wege wie Datenaustauschportale genutzt. Zudem wurde auf die Übersendung per E-Mail gesetzt.

„Die Schulen haben technisch-methodisch vielfältige Lösungen für die Herausforderungen des Fernunterrichts gefunden“, erklärt Professor Ingrid Gogolin, Erziehungswissenschaftlerin und Sprecherin für die Studie. Aufgefallen sei jedoch auch, dass Formate, bei denen der Dialog oder die Zusammenarbeit im Mittelpunkt stehen, kaum umgesetzt wurden. „Der Frontalunterricht erlebt ein teilweise notgedrungenes Revival“, so Gogolin.

„Die Angaben der befragten Schulleiterinnen und Schulleiter weisen auch Probleme aus“, heißt es in einer Pressemitteilung der Universität Hamburg. Rund die Hälfte der Befragten schätzt, dass die Mehrzahl der Eltern ihre Kinder beim häuslichen Lernen am digitalen Gerät unterstützen können. Auf der anderen Seite gaben zwei Drittel an, dass nach ihrem Eindruck bis zu 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler zuhause nicht über die nötige digitale Ausrüstung für das Distanzlernen verfügen. Schlechter erreicht wurden nach Einschätzung von Gogolin vor allem Kinder und Jugendliche aus armen Familien, mit Migrationshintergrund oder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. „Sie benötigen deutlich mehr Unterstützung, ganz einfach angefangen mit einem digitalen Endgerät.“

Schulen achten auf benachteiligte Kinder

Die Studie zeigt, dass die Grundschulen nach dem ersten Lockdown versuchten, die Lerndefizite der Kinder durch zusätzliche Angebote auszugleichen. Sie hatten dabei vor allem benachteiligte Kinder im Blick. Schulen der Sekundarstufe I hätten verstärkt Angebote gemacht, um die IT-Kenntnisse der Schülerinnen und Schüler zu fördern.

Fast alle Schulen fühlen sich der Studien zufolge inzwischen gut gewappnet für weiteren Distanzunterricht. 97 Prozent aller befragten Schulleiterinnen und Schulleiter gaben an, sich nach der ersten pandemiebedingten Schulschließung auf einen erneuten Lockdown vorbereitet zu haben. Die überwiegende Mehrheit stellt sich laut Universität Hamburg inzwischen auf weiteren Fernunterricht ein. Studienleiter Olaf Köller, Erziehungswissenschaftler an der Uni Kiel, ist zuversichtlich: „Diese Befunde stimmen optimistisch, dass die Schulen auch gut durch die schwierige Zeit im Frühjahr und Sommer 2021 kommen.“

Brigitta Wenninger